Von den Musketieren bis heute: Österreichs größte Davis-Cup-Erfolgsjahre

Nach dem 4:0 gegen Finnland vom 1. Februar bietet sich dem KURIER Austria Davis Cup Team am 12./13. September in Ungarn bei der zweiten Qualifikationsrunde zu den Davis Cup Finals 2025 die große Chance, unter die besten acht Nationen der Welt einzuziehen. Eine Errungenschaft, die Österreichs Herrennationalteam auch zu vermeintlich besseren Zeiten als aktuell keineswegs oft geglückt ist. Wir blicken zurück auf die erfolgreichsten Saisonen der rot-weiß-roten Länderkampfhistorie, im ältesten Mannschaftswettbewerb der Welt. Den Anfang machen wir erst gegen Ende der 1980er-Jahre. Denn bis inklusive 1980 war der Davis Cup einst noch in drei geographische Zonen (Amerika, Europa/Afrika und Asien/Ozeanien) unterteilt gewesen, und eine Teilnahme am weltweiten Finalturnier der besten Nationen war für Österreichs Herren außer Reichweite geblieben – bis einige Jahre nach der 1981 erfolgten Einführung der Weltgruppe der besten 16.
1989: Es war die Entstehungszeit der berühmten drei Musketiere, Thomas Muster, Horst Skoff und Alexander Antonitsch. Dieses Trio hatte sich 1988 mit 5:0-Siegen über Nigeria und Großbritannien wieder die Erstklassigkeit erarbeitet – und knüpfte im Jahr darauf in der Weltgruppe zunächst an seinen Erfolgsrun an. Im Wiener Ferry-Dusika-Hallenstadion wurde Australien, angeführt von Pat Cash, John Fitzgerald und Mark Woodforde, ebenso mit 5:0 abgefertigt. Erstmalig stand man dadurch in der Open Era unter den besten acht Nationen der Welt. Im Viertelfinale wurde ein weiterer Coup jedoch verpasst, zumal man kurzfristig auf Muster verzichten musste, der wenige Tage davor bei einem Unfall in Key Biscayne schwere Verletzungen erlitten hatte. Zwei Monate nach dem glatten Sieg über Australien unterlag man vom 7. bis 9. April wiederum im Dusika-Stadion den Gästen aus Schweden mit 2:3. Diese waren freilich unter anderen mit der Nummer zwei und drei des ATP-Rankings angetreten, Mats Wilander und Stefan Edberg. Skoff glückte beim zweiten Einzel im lange Zeit längsten Davis-Cup-Match der Tennisgeschichte seit Einführung des Tiebreaks sogar eine große Überraschung: Der Kärntner rang Wilander in einer epischen Schlacht nach 6:04 Stunden Spielzeit mit 6:7 (5), 7:6 (7), 1:6, 6:4, 9:7 nieder. Edberg war aber im Single und im Doppel mit Anders Järryd eine unüberwindbare Hürde, sodass der abschließende Erfolg Antonitschs über ebenfalls Wilander zu spät kam.

1990: Eine Saison später unternahmen die drei Musketiere den nächsten Anlauf, der sie noch weiter führen sollte – zum erfolgreichsten und spektakulärsten Jahr der rot-weiß-roten Länderkampfgeschichte. Zum Start wurde Spanien auswärts in Barcelona mit 3:2 in die Knie gezwungen. Gespielt wurde Anfang Februar bereits im Freien auf Sand, doch speziell Muster erwärmte bei seinem Davis-Cup-Comeback die heimischen Tennisherzen wie im Flug. Zunächst durch seinen Fünfsatz-Auftaktsieg gegen Emilio Sánchez Vicario, auf den Skoff gegen Sergi Bruguera zum 2:0 nachlegte. Da auch Muster Bruguera in drei Sätzen in Schach hielt, war trotz der Doppelniederlage mit Antonitsch an Tag zwei nach vier Matches alles schon gelaufen. Im Viertelfinale ging es abermalig ins Dusika-Stadion, wo Italien verblüffend klar mit 5:0 abgefertigt wurde. Skoff ließ Diego Nargiso im ersten Match beim 6:0, 6:0, 6:2 sogar nur zwei Games, Muster stellte anschließend gegen Paolo Cane einmal mehr seine Kämpferqualitäten unter Beweis und gewann nach fünf Sätzen. Cane kassierte dabei gar einen Strafpunkt, weil er einen Zuseher, von dem er sich durch Zwischenrufe gestört gefühlt hatte, etwas zu offensiv und unter Einsatz seines Rackets maßregelte. Das Paar Antonitsch/Muster machte am nächsten Tag alles klar, Österreich war im Halbfinale angelangt. Nun durfte man gar mit dem Finaleinzug kokettieren. Denn wenn man der US-Übermacht etwas entgegensetzen konnte, dann natürlich auf Sand in der Bundeshauptstadt Wien, wo die Begeisterung ihren Höhepunkt erreichte und 17.000 Fans im Praterstadion die ÖTV-Herren zum Sieg treiben wollten. Um ein Haar wäre diese Rechnung aufgegangen. Muster lieferte ab und wies zum Auftakt des ersten und dritten Spieltags sowohl Michael Chang als auch den blutjungen Andre Agassi in die Schranken. Aber einen weiteren Siegpunkt brauchte es noch – dieser war weder Skoff gegen Agassi noch dem Doppelduo Antonitsch/Muster gegen das weltbeste Team Rick Leach und Jim Pugh gelungen. So lag es schließlich an Skoff, den French-Open-Champion 1989, Chang, zu biegen und den rot-weiß-roten Heldenepos weiterzuschreiben. Tatsächlich führte der Kärntner Lebemann, angepeitscht durch das Publikum, bereits mit 2:0 in Sätzen, ehe an regnerischen Septembertagen bei 6:3, 7:6 (4), 4:6 wegen der einbrechenden Dunkelheit abgebrochen werden musste. Am Montag ging es trotz früher Uhrzeit an einem Werktag vor 12.000 Menschen weiter. Skoff hielt dem Druck aber nicht stand, verlor die weiteren Sätze mit 4:6, 3:6. Der Finaltraum war hiermit geplatzt. Unter dem Strich stand dennoch der wohl legendärste Länderkampf der österreichischen Tennisgeschichte.

1995: Fünf Jahre später schafften es die ÖTV-Herren, angeführt durch Muster, nochmal unter die besten Acht. Ausgangspunkt war neuerlich das Ferry-Dusika-Stadion, wo man sich gegen die spanischen Sandplatzspezialisten, entgegen der auch eigenen Stärke im Team, für Hardcourt entschied. Es sollte die richtige Wahl werden. Zwar unterlag Gilbert Schaller zu Beginn Bruguera klar in drei Sätzen, doch das blieb der einzige Verlustpunkt. Muster gewann seine Singles gegen Carlos Costa und Bruguera jeweils nach drei Sätzen und im Doppel mit Antonitsch gegen Bruguera und Sánchez Vicario in vier Durchgängen. Antonitsch fixierte gegen Costa den 4:1-Endstand. Zwei Monate später ging es Richtung Norden, wo man sich wiederum den starken Schweden entgegenstellen musste, diesmal aber auswärts. Auf den zügigen Teppich-Hallencourts in Växjö war für Österreich gegen Serve-and-Volley-Spezialist Edberg, Magnus Larsson und das Doppelteam Jan Apell und Jonas Björkman nicht viel auszurichten. Ein Satzgewinn Antonitschs gegen Edberg blieb die einzige Ausbeute – sonst gab es für ihn und Muster nichts zu holen, ehe Schaller das nur noch statistisch relevante Abschlusseinzel zum 0:5 abgab.

2012: 17 Jahre sollte es dauern, bis den ÖTV-Mannen wieder der Sprung ins Viertelfinale vergönnt war. Ein Jahr, nachdem dieser beim 2:3 gegen Frankreich am Flughafenhangar in Wien-Schwechat noch knapp verwehrt geblieben war, durfte man sich neuerlich eines Heimspiels in der ersten Runde der Weltgruppe erfreuen – und mit Russland zudem über eine lösbare Aufgabe in der Arena Nova in Wiener Neustadt. Die Gäste setzten im Einzel dabei überraschenderweise nicht auf Nikolay Davydenko und den leicht angeschlagenen Mikhail Youzhny, was den von Jürgen Melzer angeführten Hausherren entgegenkam. Ein Spaziergang wurde es deswegen freilich nicht, doch dem mittlerweile ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän (in fünf Sätzen gegen Igor Kunitsyn) und Andreas Haider-Maurer (in vier Sätzen gegen Alex Bogomolov jr.) gelang es, dank eines 2:0 nach dem ersten Tag die Weichen frühzeitig auf Sieg zu stellen. Eine hauchdünne Doppelniederlage von Oliver Marach und Alexander Peya konnte man letztlich verkraften, denn Melzer machte gegen Bogomolov jr. zum Beginn des dritten Tages durch ein humorloses 6:2, 6:4, 6:1 den Sack zu. In der identen Formation ging’s zwei Monate später Anfang April nach Marina d’Or in der kleinen Gemeinde Oropesa del Mar in der spanischen Region Valencia. Zwar mussten die Gastgeber auf Rafael Nadal verzichten, dennoch bekamen Melzer und Haider-Maurer sogleich am Eröffnungstag die geballte Sandplatzstärke von Nicolás Almagro und David Ferrer brutal zu spüren – 0:6 in Sätzen. Marach/Peya schlugen im Doppel beeindruckend zurück, bezwangen die Weltklassespieler Marcel Granollers-Pujol und Marc López Tárres mit 3:6, 6:4, 6:4, 7:6 (14:12 im Tiebreak!). Auch ein gegenüber dem Auftakt verbesserter Melzer konnte Ferrer beim 5:7, 3:6, 3:6 jedoch nicht aufhalten. Zum Schluss durfte Peya ran und schlug sich als Doppelspezialist gegen Almagro tapfer, ein Satzgewinn war aber auch ihm beim 5:7, 5:7 nicht mehr beschieden. Endstation: Spanien.

2020/2021: Zwar nicht unter die letzten acht Nationen, aber zu einem echten Highlight brachten es die ÖTV-Herren nach der Davis-Cup-Reform von 2019 gleich bei der zweiten Ausgabe unter dem neuen Spielmodus – mit der erstmaligen Teilnahme am Finalturnier, und das daheim in Innsbruck. Doch zunächst brauchte es dazu einen Sieg über Uruguay, und der sollte am 6./7. März 2020 nach beinhartem Kampf auch eingefahren werden. Im Schwarzl Freizeitzentrum in Premstätten (Tennisfans insbesondere durch die legendäre Begegnung gegen Deutschland im Jahr 1994 bekannt) vertraute man gegen die sich auf Sand am wohlsten fühlenden Südamerikaner auf schnellen Hartplatz und Dennis Novak, der gegen Martin Cuevas auch gleich lieferte – 6:2, 6:4. Zwar musste sich Jurij Rodionov darauf hauchdünn dessen stets deutlich stärkerem Bruder Pablo Cuevas mit 7:6 (7), 3:6, 6:7 (5) geschlagen geben. Doch sowohl Marach/Melzer im Doppel gegen Ariel Behar und Pablo Cuevas (4:6, 6:3, 7:5) als auch Novak gegen Pablo Cuevas (2:6, 6:3, 6:4) behielten nach Satzrückständen die Nerven und sicherten den 3:1-Erfolg. Österreich zählte damit zu den stärksten 18 Ländern, bewarb sich um die Austragung von einer der damals noch sechs Finalturnier-Dreiergruppen – und bekam den Zuschlag. Mit Erzrivale Deutschland und Serbien wurden in Gruppe F zwei Topnationen und Publikumsmagneten hinzugelost. Einziger Haken daran: Die Coronaviruspandemie sollte die Austragung erst im November 2021 und kurzfristig nur vor leeren Rängen in der Innsbrucker Olympiahalle ermöglichen. Am 26. November wartete Serbien und ein bitterer Start: Gerald Melzer zog gegen Dusan Lajovic ganz knapp mit 6:7 (5), 6:3, 5:7 den Kürzeren. Novak verbuchte gegen Superstar Novak Djokovic fünf Games (3:6, 2:6), aber nicht den (auch nicht zu erwartenden) Punkt, um in der ersten Begegnung im Rennen zu verbleiben. Schlusspunkt: ein abermals enges 6:7 (4), 6:4, 3:6 von Marach und Philipp Oswald gegen Nikola Cacic und Filip Krajinovic im Doppel. Zwei Tage danach sorgte Rodionov mit einem tollen 6:1, 7:5 über Dominik Köpfer für einen viel erfreulicheren Auftakt gegen die Deutschen. Da Novak gegen Jan-Lennard Struff (5:7, 4:6) jedoch ebenso das Nachsehen hatte wie das Duo Marach/Oswald gegen Kevin Krawietz und Tim Pütz (3:6, 4:6), erfüllte sich die Hoffnung aufs Viertelfinale nicht.

2025: Vier Jahre später ist nun also die nächste Gelegenheit da, um es unter die letzten acht Nationen der Welt zu schaffen. Der erstaunlich glatte Coup gegen Finnland am 31. Jänner und 1. Februar im Multiversum Schwechat sollte für die nächste Aufgabe Ungarn auch reichlich Selbstvertrauen eingeimpft haben. Aufgeschlagen wird in drei Wochen in der Fönix Arena, einer bis zu 6500 Zuseher:innen fassende Mehrzweckhalle in Debrecen, auf Rebound-Ace-Hartplatz. ÖTV-Teamkapitän Melzer hat am 14. August mit Filip Misolic (ATP 95), Sebastian Ofner (ATP 141) und Jurij Rodionov (ATP 154) vorläufig die nach der aktuellen Weltrangliste besten drei Einzelspieler bzw. mit Lucas Miedler (ATP-Doppel 28) und Alexander Erler (ATP-Doppel 42) die beiden klar stärksten Doppelspieler des Landes nominiert. Dennoch sind die ungarischen Gastgeber mit ihren vier besten Einzelakteuren Fábián Maroszán (ATP 53), dem früheren Weltranglisten-31. Márton Fucsovics (ATP 94), Zsombor Piros (ATP 156) und Peter Fajta (ATP 518) zu favorisieren.
