Steirischer Tennisverband
Billie Jean King Cup

Jubelströme in Rot-weiß-rot: ÖTV-Damen schaffen die Überraschung gegen Lettland

Melanie Klaffner / Sinja Kraus gewinnen das Doppel und bringen Österreich erstmals seit 2006 in die höchste Spielklasse.
Verfasst von: Manuel Wachta, 12.11.2022
© GEPA pictures/ Walter Luger
ÖTV-Teamkapitänin Marion Maruska, Sinja Kraus und Melanie Klaffner und Co. haben Historisches für das Alpstar Austria Billie Jean King Cup Team geleistet.

Die Überraschung ist perfekt: Das Alpstar Austria Billie Jean King Cup Team hat den Coup im Play-off gegen Lettland geschafft. Die ÖTV-Damen-Nationalauswahl setzte sich, bei ihrem ersten Heimmatch seit April 2008, vor begeisterten Fans im Multiversum Schwechat gegen die favorisierten Baltinnen knapp mit 3:2 durch. Das eingespielte Duo Melanie Klaffner und Sinja Kraus stellte hierbei im alles entscheidenden Doppel den Sieg für die Mannschaft von Kapitänin Marion Maruska sicher. Die Oberösterreicherin und die Wienerin bezwangen Diana Marcinkevica und Jelena Ostapenko nach rund 1:21 Stunden Spielzeit mit 7:5, 6:3 und sorgten für Jubelströme in Rot-weiß-rot – Sektduschen für alle Beteiligten inklusive, auch für die diesmal nicht zum Einsatz gekommene Barbara Haas, Teammasseur Werner Farmer, Physiotherapeutin Katrin Müllner und Veranstalter Florian Leitgeb von der Agentur Champ Events.

War man den Lettinnen 2015 in Budapest (Ungarn) mit 1:2 und 2018 in Tallinn (Estland) noch mit 0:3 unterlegen gewesen, so glückte beim dritten Versuch nun der Coup und die erfolgreiche Revanche. Damit spielen Österreichs Tennisdamen im kommenden Frühjahr am 14. und 15. April sensationell in der Qualifikationsrunde für die hochprämierten Billie Jean King Cup Finals 2023. Ihre dortigen Gegnerinnen erfahren die ÖTV-Ladies übrigens bereits am morgigen Sonntag, wenn um 14:00 Uhr nach MEZ in Glasgow (Schottland) die Auslosung dafür vorgenommen wird. Auf harte, gesetzte Kontrahentinnen darf man sich dabei bereits einstellen. Dass man mit der Außenseiterrolle aber bestens zurechtkommt, hat man auch an diesem Tag bewiesen. Ohne die eigentliche Nummer eins Julia Grabher leistete man Historisches und glückte erstmals seit dem Jahre 2006 die Rückkehr in die höchste Spielklasse des traditionsreichen Nationenwettbewerbs.

Paszek wahrte Österreichs Siegchancen

Ostapenko hatte am Eröffnungstag gegen Paszek nach Abwehr zweier Matchbälle noch hauchdünn mit 3:6, 6:2, 7:6 (9) gewonnen und dabei zunächst noch schwer in die Gänge gefunden. Davon war am zweiten Spieltag anfangs gar nichts zu merken: Die 26-Jährige schoss gegen Kraus zunächst wie gewohnt aus allen Rohren, vermochte die Fehlerquote diesmal aber erstaunlich niedrig zu halten und ihre ganze Klasse auszuspielen, mit einer kurzzeitigen Unterbrechung im zweiten Satz, in dem Österreichs Topspielerin auch weit besser zu ihrem Spiel gefunden hatte. Unterm Strich stand bei Kraus’ erstem Auftritt als Österreichs Nummer eins im Team sowie gegen eine WTA-Top-20-Spielerin trotzdem ein Satzgewinn zu Buche: „Ich bin auch stolz auf mich. Ich habe gefightet bis zum Ende und alles gegeben. Aber es ist natürlich schade, weil ich auch weiß, es hätte noch enger sein können“, sagte die 20-jährige Wienerin (WTA 197) bei ihrer Pressekonferenz.

Das Alpstar Austria Billie Jean King Cup Team vermochte nach dem erneuten Rückstand jedoch zum zweiten Mal zurückzukommen. Verantwortlich dafür zeichnete Paszek: Einen Tag nach ihrer unglücklichen Niederlage gegen Ostapenko zeigte sich die 31-Jährige am frühen Samstagnachmittag wieder von ihrer besten Seite. Die routinierte Vorarlbergerin (WTA 492) fertigte Diana Marcinkevica (WTA 300) – die kurzfristig anstelle von Lettlands Nummer zwei, Daniela Vismane, die am Vortag ein 3:6,-1:6-Debakel gegen Kraus erlitten hatte, aufgeboten worden war – in bloß 78 Minuten mit 6:2, 6:3 ab. Damit bestätigte die Ex-Weltranglisten-26. und zweifache Wimbledon-Viertelfinalistin auch abermals, derzeit wieder auf einem guten Weg zurück in Richtung der erweiterten Weltspitze zu sein. „Das hat mir heute wirklich sehr viel bedeutet“, freute sich Paszek bei ihrer Pressekonferenz. „Ich habe gewusst, dass ich gut drauf bin, wie meine Spieltaktik aussehen sollte“ – und trotz körperlicher Probleme (Kreislaufprobleme, auch infolge einer COVID-19-Erkrankung im August, zudem das Gefühl eines Blutstaus bei der linken, großen Zehe im ersten Satz, was eine Behandlungspause erforderte) glückte es ihr, ihr zurechtgelegtes Spielkonzept durchzuziehen. Womit sie Österreichs Siegchancen wahrte.

Klaffner/Kraus bringen das Multiversum zum Überkochen

Hierdurch musste das abschließende Doppel also über den Ausgang des Länderkampfes entscheiden. Wenig überraschend setzte Maruska dabei auf Klaffner/Kraus, die im Billie Jean King Cup bis dahin eine positive 3:2-Bilanz vorweisen konnten und zum insgesamt sechsten Mal miteinander einliefen. Und wenig überraschend nahmen die Lettinnen eine weitere Änderung in der Aufstellung vor, ersetzten die erst 15-jährige Juniorin Beatrise Zeltina durch Ostapenko, die gerade erst bis ins Doppelhalbfinale der WTA Finals in Fort Worth (USA) gekommen war. Die leichte Außenseiterrolle gegen Marcinkevica/Ostapenko nahmen die Österreicherinnen aber neuerlich bestens an und zeigten, mitsamt der Halle bzw. dem lautstarken rot-weiß-roten Fanclub im Rücken, nach anfänglichem Rückstand mächtig auf. Klaffner/Kraus lagen bereits mit 2:5 zurück, mussten bei diesem Stand gar zwei Satzbälle abwehren und spielten sich danach zunehmend in einen Rausch.

Mit fünf Games in Folge entschieden sie den ersten Satz noch für sich, zur Begeisterung der heimischen Tennisfans – und als die beiden im zweiten Durchgang aus einem 0:2 ein 4:2 machten, erreichte die Stimmung ihren vorläufigen Höhepunkt. Getoppt wurde diese nur noch dadurch, als Klaffner/Kraus bloß wenige Minuten später ihren ersten Matchball verwerten konnten. Spätestens dann stand das Multiversum Schwechat endgültig Kopf, bei diesem – nach durchwachsenen letzten Jahren – großen und sehr bemerkenswerten Lebenszeichen des österreichischen Damentennis. An vorderster Front miterlebt haben dieses (und das österreichische Team dabei vehement angefeuert) Österreichs frühere Damen-Nationalmannschaftsgrößen Barbara Schett-Eagle, Barbara Schwartz, Patricia Wartusch, Evelyn Fauth, Petra Schwarz (NÖTV-Präsidentin) und Pia König, Schwechats Vizebürgermeister und Sportstadtrat Christian Habisohn und weitere wichtige politische Vertreter, seitens des ÖTV am Samstag Vizepräsident Georg Blumauer, Vizepräsidentin Elke Romauch und Geschäftsführer Wirtschaft Thomas Schweda. Ex-ÖTV-Sportdirektor Clemens Trimmel (Geschäftsführer der Bundes-Sport GmbH) war an beiden Tagen dabei.

Die Stimmen aus dem Alpstar Austria Billie Jean King Cup Team und dem ÖTV

Martin Ohneberg (Präsident): „Ich gratuliere unserem Billie-Jean-King-Cup-Team, unter der Leitung von Marion Maruska, ganz herzlich zu dem Erfolg. Die Mannschaftsleistung war echt beeindruckend. Gestern ist es mir gelungen, dabei zu sein, in der Nacht musste ich leider beruflich dringend nach China fliegen und habe es jetzt in der Quarantäne live auf www.oetv.tv mitverfolgt. Es ist wirklich einzigartig und toll gewesen. Am Ende, finde ich, haben wir’s verdient gewonnen. Wir sind wirklich superstolz auf unsere Mannschaft und beeindruckt von diesem Teamerfolg für Österreich. Ich will mich beim ganzen Team von Marion herzlich bedanken – aber auch bei allen Beteiligten, die für die Organisation dieses Länderkampfes verantwortlich zeichnen: Bei Florian Leitgeb von Champ Events, aber auch beim Sportland Niederösterreich, dem Sportlandesrat Jochen Danninger, der Stadtgemeinde Schwechat und bei allen Sponsoren, die uns alle sehr unterstützt haben und all das möglich gemacht haben. Jetzt hoffen wir auf eine gute Auslosung, sodass wir im April ein weiteres spannendes Spiel haben.“

Georg Blumauer (Vizepräsident): „Das war wirtschaftlich eine schwierige Veranstaltung, aber die Mädchen haben das super gemacht und mehr als verdient gewonnen, finde ich. Im Doppel war’s eine total reife Leistung von Melanie und Sinja. Ich war extrem angetan, wie die beiden es geschafft haben, die Schwäche Lettlands auszunützen und Ostapenko komplett aus dem Spiel zu nehmen. Das muss man erst einmal können, schaffen und bei diesem Stand auch mal so umsetzen. Ich denke, man hat auch gesehen, dass das Team aus viel mehr Leuten besteht und wir eine gewisse Breite auf diesem Niveau haben und wir so auch den Ausfall von Julia Grabher gut kompensieren konnten.“

Elke Romauch (Vizepräsidentin): „Es war eine unglaubliche Stimmung im Multiversum in Schwechat. Mit dieser ist uns eine Sensation gelungen. Großartiges mannschaftliches Ergebnis, dieser Einsatz und Teamgeist, außerdem eine Traumstimmung – unfassbar! Es hat alles zusammengepasst. Es ist unglaublich, und die Mädchen haben sich das sowas von verdient. Bravo!“

Thomas Schweda (Geschäftsführer Wirtschaft): „Ich freue mich wahnsinnig über diesen Sieg und darüber, dass wir im Multiversum so einen schönen und perfekt veranstalteten Länderkampf erleben durften. Die Agentur Champ Events von Florian Leitgeb hat so wie unser Team und unsere Tennisdamen einen ganz tollen Job gemacht und wir freuen uns schon auf die nächste Aufgabe im Billie Jean King Cup.“

Marion Maruska (Billie-Jean-King-Cup-Kapitänin und Sportkoordinatorin): „Ich bin heute wirklich extrem stolz auf unser Team. Auf alle unsere Spielerinnen, die eine Topleistung gebracht haben. Ein Unterschied war auch der Teamgeist, der gerade beim Doppelerfolg letztlich mit den Ausschlag gegeben hat. Sinja und Melanie haben vor allem dieses Jahr schon öfter zusammen gespielt, sind einfach eingespielt. Bei Lettland hat man dagegen einfach von Vornherein gemerkt, da gibt es Ostapenko, die ist eine Einzelspielerin – und da war aber kein Team. Sie ist sicher nicht solch eine Teamplayerin wie alle bei uns. Bei uns ist jede einzelne eine totale Teamplayerin – auch Babsi (Haas; Anmerkung), die jetzt gar nicht zum Einsatz gekommen ist, aber sie steht auch voll hinter der Mannschaft und hat in den letzten Jahren ebenso immer wieder tolle Spiele für Österreich absolviert. Ich glaube einfach, dass es wirklich wichtig ist, wenn man sich auch als Team gut versteht. Das ganze Wochenende war generell eine tolle Werbung fürs Damentennis. Alle unsere Damen haben echt Topleistungen gebracht – und ich hoffe, dass das in Österreich auch bei den Medien und im Fernsehen wieder mehr gesehen wird und auch wieder mehr nach außen getragen und gezeigt wird, dass das Damentennis einfach toll ist. Wir hoffen nun wieder auf ein Heimspiel, mit dem tollen Fanclub. Man sieht: Auch wenige Leute können viel ausrichten.“

Melanie Klaffner: „So ganz realisiert haben wir den Sieg im Doppel wahrscheinlich noch nicht. Aber wir haben heuer ja auch schon in Antalya (in der Europa/Afrika-Gruppe 1 im Billie Jean King Cup; Anmerkung) mit Satz und Break gegen die zwei Topspielerinnen von Slowenien geführt. Wir glauben an uns – und heute haben wir einfach versucht, wirklich alles auszublenden und Punkt für Punkt zu spielen. Mir ist es voll gut geglückt. Ich habe irgendwann gar nicht mehr gewusst, wer drüben steht. Ich habe mich bloß auf Sinja und unsere Sachen konzentriert und bin stolz drauf, wie uns das gelungen ist. Wenn es jetzt wieder ein Heimspiel wird, hoffe ich, dass auch die Medien wieder mehr dazu berichten. Denn wie man sieht: Man kann das Damentennis in Österreich doch sehr herzeigen.“

Sinja Kraus: „Wir haben einfach versucht, Punkt für Punkt zu spielen. Wir sind ein super Team, wir vertrauen uns blind und wissen ganz genau, was die andere macht. Das hat uns letztlich zum Sieg geführt. Im Team zu spielen, ist etwas sehr Besonderes, und ich bin wirklich froh, Teil dieses Teams und mit dabei sein zu dürfen. Ich nehme daraus auch viel an Selbstvertrauen für mein nächstes Turnier und für die kommende Saison mit. Ich glaube, wir freuen uns jetzt schon alle mega drauf, wieder spielen zu dürfen, hoffentlich wieder zuhause.“

Billie Jean King Cup 2022, Play-off im Multiversum Schwechat:

Österreich – Lettland 3:2

Tamira Paszek – Jelena Ostapenko 6:3, 2:6, 6:7 (9)
Sinja Kraus – Daniela Vismane 6:3, 6:1
Sinja Kraus – Jelena Ostapenko 0:6, 6:3, 1:6
Tamira Paszek – Diana Marcinkevica 6:2, 6:3
Melanie Klaffner / Sinja Kraus – Diana Marcinkevica / Jelena Ostapenko 7:5, 6:3

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